Einen besseren Termin für unser Treffen bei der privaten Autosammlung und -ausstellung von Jürgen Kolle hätten wir nicht haben können. Das abendliche Wetter war einfach nur prachtvoll. Laue Lüfte und kein Wölkchen am Himmel luden zu einer schönen Open-Air-Veranstaltung mit Grill und gekühlten Getränken auf dem Areal im Nordosten von Braunschweig im Industriegebiet Hondelage ein. So hatten sich zu diesem »MG Treff Spezial« über 25 Teilnehmer und Gäste (sogar aus Hannover) eingefunden.
Die in die vier thematischen Bereiche …
- Büro mit Archiv unzähliger Bücher und sonstiger automobiler Printmedien, alten Werbegeschenken, Accessoires, rarer Ersatzteile und Werkzeuge oder sonstiger Sammelutensilien,
- VW-Nutzfahrzeuge sowie überdachter Gastronomiebereich,
- große Autohalle mit den drei Präsentationsschwerpunkten:
- Beginn der Motorisierung nach dem 2. Weltkrieg sowie VW-Militär- und Sondernutzungsfahrzeuge und Autoikonen wie bspw. BMW, Opel und Kleinstfahrzeuge
- VW-Käfer, Trabant und Wartburg sowie DKW
- sportliche und außergewöhnliche Fahrzeuge wie Karmann Ghia oder Volkswagen Rometsch
- WC-Anlage, Garteneisenbahn im Maßstab G sowie Ausblick auf die angrenzende BAB 2
… unterteilte Ausstellungsfläche bot genug Platz, um auch noch unsere Fahrzeuge im Karrée aufzustellen.
Bis circa 20:30 Uhr genossen wir die bruzzelnden Köstlichkeiten, das reichliche Salatbuffet und die vielen gut gekühlten Getränke. Ab und zu wurde von Einigen bereits jetzt schon die Gelegenheit wahr genommen, sich vorab einmal einen Überblick über die angesammelten Gegenstände und Pretiosen zu verschaffen, um den Umfang dieser wohl einmaligen Sammlung zu erfassen. „Ein bißchen verrückt ist er schon”, so der aufrichtige, aber schmunzelnde und liebevolle Kommentar von Frau Kolle.
Seit fast fünfzig Jahren ist Jürgen der Leidenschaft zu der Marke Volkswagen und hauptsächlich dort dem VW-Käfer verfallen. „Eigentlich fing das Schrauben aus reiner Notlösung bei meinen ersten Fahrzeugen an”, so Jürgen, „und je mehr ich mich darin vervollständigte, desto mehr kamen auch die Anfragen aus meinem Bekanntenkreis, auch ihre Fahrzeuge wieder instandzusetzen. Und ich hatte das Glück, einen wahren Lehrmeister mit eigener Werkstatt zu kennen, der mir so manchen tollen Trick und bei schwierigeren Sachen auch die entsprechenden Kniffe beigebracht hat.” Für Jürgen war diese Tätigkeit der richtige Ausgleich zu seiner damaligen verantwortungsvollen beruflichen Aufgabe. „Und das zu einer Zeit, als der Käfer das Fahrzeug war, das man sich leisten konnte und wo auf den Schrottplätzen viele gute Teile für ein kleines Geld zu bekommen waren. So habe ich manchen Käfer aus drei oder vier Altfahrzeugen wieder aufbauen und fahrfertig instandsetzen können.”
Später kam Jürgen zugute, dass er aufgrund seiner besonderen Kenntnisse und Beziehungen eine mehrjährige Vollbeschäftigung bei der Autostadt Wolfsburg im Bereich der Beschaffung von Ausstellungsobjekten und deren Betreuung ausüben konnte, ehe er sich daran machte, seine eigene Sammlung von heute 60 Fahrzeugen und Krafträdern zu komplettieren und letztendlich auf dem jetzigen 800 qm großen Areal mit dem Bau der Ausstellungshalle abzurunden. Jürgen machte dann für uns noch eine in den Einzelvorstellungen der Fahrzeuge zeitlich geraffte Führung. Er weiß halt eben zu fast jedem Exponat eine eigene spannende Geschichte oder das historische Thema, in dem es eine wichtige Rolle gespielt hat. Oder wie es zu der Beschaffung oder bei der Restauration zuging. So erfuhren wir Details zu dem Beginn der Motorisierung nach dem zweiten Weltkrieg, als man noch mit Lambrettas sogar in den Urlaub über die Alpen bis nach Italien zum NSU-Lido fuhr. Oder dass eigentlich der BMW 2000 CS eine verkannte Design-Ikone wegen seiner integralen Karosseriemodule mit eingelassenen Scheinwerfern oder fehlender B-Säule ist.
Besonders stolz ist er aber auf die aufwändige Restauration eines VW Rometsch Coupé, für den fast alle Teile nur in Handarbeit hergestellt werden konnten, um dieses damals auch nur von wenigen Reichen wie Hollywoodstars oder sonstigen Prominenten bezahlbare Auto wieder in einen präsentierbaren Zustand zu versetzen. Oder dass er über einen in Europa äußerst seltenen, in Brasilien aufgrund der dort laxeren Zulassungsbedingungen, VW SP2 „Puma” verfügen kann. „Der ausgestellte VW Kübelwagen wurde tatsächlich am Heiligabend 1944 produziert, sogleich noch gen Osten zur Front per Bahn expediert, wo er bald Beutefahrzeug der anrückenden Alliierten wurde und als Reparationsleistung nach Polen zur stattlichen Forstverwaltung ging. Von dort aus brachte es ein Ausreisewilliger in den achtziger Jahren mit, um damit sein Startkapital für einen Neuanfang in Deutschland zu finanzieren.
Für noch viele Geschichten und Anekdoten fehlte uns einfach die Zeit. Mittlerweilen war es bereits gut 23:00 Uhr geworden und wir verabschiedeten uns mit großem Dank und dem Versprechen, bald wieder einmal Jürgen inmitten seiner tollen Gegenstände zu besuchen.
„Eigentlich müßte man sich an einem so schönen Tag viel Zeit nehmen, um sich auch aus dem Fundus seiner grossen Bücher- und Heftesammlung zu bedienen, in eine Ecke bei einem guten Wein oder Kaffee zu setzen und den ganzen Tag in Ruhe zu schmökern”, so das Urteil von Joachim.
Und das trifft genau das Wesen dieser einzigartigen Schau – es gibt so viel zum Bestaunen, Bewundern und Ansehen: in unsere Zeit gerettetes Alltägliches aus nicht allzu vergangener Epoche lebt hier auf eindrucksvolle Art und Weise im Stillen weiter.
Bis zum nächsten Mal!
7. August 2011
Wolfgang
Weitere Informationen:
IG historische Volkswagen
Flyer zur Sammlung historischer Fahrzeuge Braunschweig
„Der Herr der Käfer” (Managermagazin 2007)
„Die Dornröschen-Garage” (Spiegel Online Auto 2007)
„Das kleine, feine Automuseum” (Newsclick 2010)